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Andreas Dörschell im Gespräch mit Dr. Eckhard Ott

Wir müssen in der WPK abwägen und sachbezogen entscheiden!

Es gibt berufspolitische Themen, die nicht schwarz oder weiß sind. Das betrifft insbesondere die Frage der Beitragsgerechtigkeit („Pay as You Use“-Prinzip stärker betonen oder nicht), die geforderte Abschaffung der Bundesanzeigerdurchsicht und jüngst auch die Einführung des Syndikus-WP.

Bei diesen Themen ist es wohlfeil, einfache politische Botschaften zu formulieren. Geboten ist hier aber eine Abwägung des „Für und Wider“. Das möchte ich mit meinen Antworten auf diese drei Fragen gerne tun. Die WPK-Beiratswahl ist eine Wahl, bei der informierte Kollegen ihre 45 Stimmen abgeben. Und für uns alle gehört es zum Kern ihrer täglichen Arbeit, rein sachorientiert abzuwägen und zu entscheiden. Selbstverständlich geht das nur, wenn man die notwendigen Informationen hat und die Argumente – pro und contra – kennt.

Herr Dörschell, was halten Sie von der Forderung, die Kosten des externen Qualitätskontrollverfahrens allein den aktiven Wirtschaftsprüfern aufzuerlegen, die tatsächlich gesetzliche Abschlussprüfungen durchführen? Wäre das nicht ein „Mehr“ an Beitragsgerechtigkeit?

Tatsächlich wird das von der WPK gesetzlich betriebene System der externen Qualitätskontrolle durch sämtliche Mitglieder finanziert – unabhängig davon, ob das jeweilige Mitglied gesetzliche Abschlussprüfungen durchführt oder nicht. So ist das derzeit in der Beitragsordnung geregelt. Vom derzeitigen Kammerbeitrag von jährlich € 516 entfallen rd. € 120 auf das Peer Review-System. Angesichts der Tatsache, dass derzeit ca. 3.000 Mitglieder gesetzliche Abschlussprüfungen durchführen, kann man das für ungerecht halten, da es nicht dem Pay-as-you-use-Gedanken entspricht. Oder man kann es für gerecht halten, weil im Ergebnis der gesamte Berufsstand davon etwas hat.

Für die Umlegung der Kosten auf alle Mitglieder sprechen gute Gründe: Zunächst einmal ist die gesetzliche Abschlussprüfung die Kernaufgabe des Wirtschaftsprüfers – unsere bedeutsamste gesetzliche Vorbehaltsaufgabe, unser Ankerprodukt. Die Qualität dieser Kernaufgabe wird gerade durch das System der externen Qualitätskontrolle gegenüber der Öffentlichkeit nochmals hervorgehoben und dies prägt auch das Ansehen des Wirtschaftsprüfers in sämtlichen anderen Tätigkeitsfeldern. Auch Kollegen, die derzeit nicht prüfen, haben etwas davon. Und sie könnten auch jederzeit wieder in die gesetzliche Abschlussprüfung einsteigen, ohne dass es eine Eintrittshürde durch eine erhöhte Gebühr gäbe.

Und wenn man sich für eine streng verursachungsgerechte Gebühr entscheidet, stellen sich Fragen: Wie sollte das „gerecht“ ausgestaltet werden? Nach der Zahl der Abschlussprüfungen, nach dem Abschlussprüfungsumsatz, nach der Zahl der Wirtschaftsprüfer mit Registrierung? Welche Kennzahlen wären der WPK dann jährlich zu melden? Und wer soll die Daten überprüfen? Der Teufel steckt hier wirklich im Detail. Je „gerechter“ man sein will, umso komplexer wird das System. Das ist durchaus vergleichbar mit dem deutschen Steuerrecht.

All das kann man diskutieren – und genau das haben Vorstand und Beirat schon vor Jahren getan: Die Argumente wurden abgewogen und die Entscheidung fiel für das jetzige Ergebnis. Persönlich halte ich die Finanzierung aus dem allgemeinen Kammerhaushalt nach wie vor für sachgerecht – gerade da ich etwas gegen eine manifestierte Spaltung des Berufsstandes habe und eben nicht allein die Abschlussprüfer vom System profitieren. Ähnliches gilt übrigens auch für andere Posten, die aus dem allgemeinen Kammerhaushalt finanziert werden, wie z.B. das WP-Examen.

Einige Stimmen kritisieren, dass die WPK jährlich eine Bundesanzeigerdurchsicht durchführt, die zur Eröffnung von Berufsaufsichtsverfahren führen kann. Was meinen Sie dazu?

Die Bundesanzeigerdurchsicht erfüllt ihren Zweck. Sie ist ein präventives Verfahren der Berufsaufsicht. Jährlich wird eine Stichprobe der im Bundesanzeiger veröffentlichten Unternehmensabschlüsse mit den hierzu erteilten Bestätigungsvermerken der Abschlussprüfer gezogen und auf Unklarheiten und Unplausibilitäten durchgesehen. Das mündet dann schon einmal in die eine oder andere schriftliche Nachfrage. Dass man sich als angeschriebener Kollege mit der Nachfrage beschäftigen muss, mag als „lästig“ wahrgenommen werden. Ich verstehe das. Welche Gesellschaft mit einer Vielzahl von Abschlussprüfungen hat solche Nachfragen noch nicht bekommen?

Doch das Verfahren erfüllt einen Zweck: Mit diesem Verfahren erfüllt die WPK ihre Aufgabe gem. § 57 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 WPO: Die WPK hat die Erfüllung der den Mitgliedern obliegenden Pflichten zu überwachen und die Mitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren. Und das tut sie nach meinen einschlägigen Erfahrungen aus der Vorstandsabteilung Berufsaufsicht (VOBA) wirklich mit Augenmaß – zumal die Schwerpunkte der Durchsicht auch noch jedes Jahr vorab veröffentlicht werden. Die allermeisten Vorgänge enden mit einer Einstellung, mit einem Hinweis oder höchstens mit einer Belehrung, während die Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens die absolute Ausnahme ist. Ein grober Fehlgriff ist dann eben zu ahnden.

Ohne polemisch werden zu wollen: Was wäre das jetzt für ein politisches Signal, die Bundesanzeigerdurchsicht einzuschränken oder abzuschaffen? Wir betonen doch zurecht unseren Qualitätsanspruch und müssen auch entsprechend handeln. Das Verfahren ist quasi unser maßvolles „Enforcement-Verfahren“ für den Bereich der Abschlussprüfung nicht börsennotierter Abschlüsse. Und wenn wir das jetzt aufgeben würden, befürchte ich, dass ein „kleiner Bilanzskandal“ im Bereich der nicht börsennotierten Unternehmen Anlass dafür sein kann, diese Lücke umgehend gesetzgeberisch zu schließen – aber dann sicher nicht im Rahmen der beruflichen Selbstverwaltung.

Initiatoren der Dörschell-Liste
Initiatorinnen und Initiatoren der Dörschell-Liste bei einem Treffen in Berlin.

Der Vorstand hat sich in der laufenden Legislaturperiode für die Schaffung des Syndikus-WP eingesetzt. Was halten Sie davon?

Wir setzen uns als Vorstand der WPK seit mehr als fünf Jahren dafür ein, dass es neben dem Steuerberater-Syndikus und dem Rechtsanwalt-Syndikus zukünftig auch den Wirtschaftsprüfer-Syndikus gibt. Wir gelangen so zu einer Gleichbehandlung mit anderen – konkurrierenden – Berufen. Kollegen, die in der gewerblichen Wirtschaft tätig werden wollen, dürfen derzeit dort den Titel nicht führen, müssen sich beurlauben lassen und nach längstens fünf Jahren auf den Titel ganz verzichten. Nach mehr als zehn Jahren wird dann eine prüfungsbefreite Wiederbestellung zunehmend schwierig. Dass der Titel, für den man lange Jahre hart gearbeitet hat, nicht mehr geführt werden darf, trägt nicht gerade zur Attraktivität des Berufs bei – insbesondere nicht bei unserem Nachwuchs. Die Zahl der Kollegen, die sich für neue berufliche Wege und Aufgaben außerhalb des tradierten Berufsbildes, etwa auch in der Industrie, interessieren, ist in den letzten Jahren erheblich gewachsen. Mit dem Wirtschaftsprüfer-Syndikus wollen wir die Situation zeitgemäß gestalten und zukünftig größere Freiräume für die berufliche Lebensplanung schaffen.

Natürlich darf ein gewerbliches Unternehmen nicht unsere Vorbehaltsaufgaben übernehmen, nur weil es einen Syndikus-WP beschäftigt. Ebenso darf eine bei einem gewerblichen Arbeitgeber tätige Person – etwa als Leiter Rechnungslegung – nicht den Abschluss der „eigenen Gesellschaft“ prüfen oder in seinem Angestelltenverhältnis weisungsgebunden tätig sein. Der Syndikus-WP muss seine beruflichen Entscheidungen unabhängig und eigenverantwortlich treffen. Nur dann darf der Titel „Syndikus-Wirtschaftsprüfer“ in dieser Funktion geführt werden. Zudem wäre es zulässig – getrennt von der gewerblichen Tätigkeit – z.B. im Rahmen einer eigenen Praxis – Leistungen gegenüber Dritten anzubieten. Vielleicht könnte auch der CFO eines börsennotierten Unternehmens den Titel Syndikus-Wirtschaftsprüfer führen. Das würde die Bedeutung unserer Berufsqualifikation auch nach außen untermauern.

Ich will nicht verhehlen, dass es jüngst auch kritische Stimmen zu dieser Neuerung gibt. Der Syndikus-Wirtschaftsprüfer entspricht nur teilweise dem hergebrachten deutschen Berufsbild. Das erscheint mir aber schon als einziges und zudem schwaches Gegenargument – zumal das internationale Berufsbild seit je her den accountant in practice und den accountant in business kennt, ohne dass das Bild des Prüfers darunter gelitten hätte. Wir haben nun mehr als fünf Jahre an dieser Modernisierung gearbeitet. Wir sind soweit, die Entwürfe der Gesetzestexte mit dem Wirtschaftsministerium zu besprechen und wir sollten die Sache nun zu einem guten Ende bringen.

Erfahren Sie im ersten Teil des Interviews mit Andreas Dörschell, weshalb er den Berufsstand wieder stärker einen möchte und weshalb den mittelständischen WP-Praxen eine zentrale Bedeutung zukommt. Im zweiten Teil geht es um die Positionen der Dörschell-Liste und darum, was er in den letzten Jahren als Mitglied des Kammervorstands erreichen konnte.

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