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Prof. Dr. Christian Hanke im Interview

„Mein Ziel: kleine Praxen von unnötiger Bürokratie entlasten“

Als Mitglied der Dörschell-Liste engagiert sich Prof. Dr. Christian Hanke besonders für den Nachwuchs. Dort gebe es keine Zeit zu verlieren. Je weniger Nachwuchs, desto stärker steige die Arbeitsbelastung für jeden WP. 

Herr Prof. Hanke, Sie wollen sich besonders für den Berufsnachwuchs einsetzen und auch Freude am Beruf vermitteln. Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Stellschrauben?

Ich setze mich seit Jahren als Dozent, Referent und Mitglied der Prüfungskommission für das Wirtschaftsprüferexamen für den Berufsnachwuchs ein und das mit ungebrochener Begeisterung. Dieses Engagement werde ich auch weiterhin mit der gleichen Leidenschaft fortführen, da die Vermittlung von neuem Wissen in unserem Beruf enorm wichtig ist.

Trotz unseres wundervollen Berufsbilds – und das haben die Anmeldezahlen in den vergangenen Jahren gezeigt – ist das Interesse an der Ablegung des Berufsexamens nicht mehr so vorhanden, wie wir uns dies wünschen würden. Das liegt zum einen daran, dass die jüngere Generation – und dies berechtigterweise – den Fokus (stärker) auf die Work-Life-Balance legt. Dies hat zur Folge, dass eine mehrjährige, intensive Vorbereitung auf 7 Klausuren innerhalb eines 2,5-Wochen-Zeitraums für viele ein Ausschluss-Kriterium war. Dahingehend war die Modularisierung des WP-Examens ein richtiger und wichtiger erster Schritt, um die „Hürde WP-Examen“ attraktiver zu gestalten.

Ich kenne viele junge Kolleginnen und Kollegen, die gerne in der Abschlussprüfung arbeiten, jedoch den WP-Titel nicht anstreben, weil die „Angst vor dem Examen zu groß“ ist. Wenn wir ehrlich sind: Es kommen jedes Jahr neue Themen in unserem Berufsstand hinzu (Auswirkungen FISG, Nachhaltigkeitsberichterstattung und -prüfung etc.). Es fallen jedoch nicht in gleichem Umfang Themen weg. Somit wird es für die kommenden Examenskandidatinnen und -kandidaten zunehmend mehr „Stoff“, der für das Examen relevant ist und somit auch gelernt werden muss. Die im Rahmen der 5. WPO-Novelle erfolgte stärkere Fokussierung auf die Kernkompetenzen war hierbei sehr zu begrüßen. Diese Fokussierung sollte meines Erachtens aufgrund der stetigen Neuregelungen beibehalten werden.

Die Angst vor dem Examen nehmen

Somit wäre die erste Stellschraube, den zukünftigen Berufskolleginnen und Berufskollegen durch weitere Anpassung an den Rahmenbedingungen die Angst vor dem Examen zu nehmen und eher Mut zu machen, sich dieser Herausforderung zu stellen. Dies muss selbstverständlich stets unter der Voraussetzung der Aufrechterhaltung der Qualität der Berufsqualifikation erfolgen.

Zudem müssen wir den an unserem Beruf Interessierten weiterhin verdeutlichen, dass unser Job nicht nur daraus besteht, Belege abzuhaken. Ich glaube, dass wir hierbei schon weitergekommen sind. Aber insbesondere können wir jetzt die Chance nutzen, die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit, die unseren Berufsstand deutlich verändern werden, als Werbung für uns einzusetzen. Denn das sind genau die Punkte, mit denen sich die auch junge Generation auseinandersetzt. Ich bin der festen Überzeugung, dass hier ein großes Potential besteht, mit diesen Themen, bspw. im Rahmen von Werbekampagnen, beim Berufsnachwuchs zu punkten. Somit wäre eine zweite Stellschraube, den zukünftigen Berufskolleginnen und Berufskollegen die Vielseitigkeit unseres Berufs anhand der aktuellen Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit zu vermitteln.

Mit ein Grund, warum die Gewinnung von Berufsnachwuchs so elementar wichtig ist, ist, dass auf uns als Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer bspw. mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung und -prüfung viele neue und spannende Aspekte zukommen werden. Wir müssen durch die Gewinnung neuer Berufskolleginnen und Berufskollegen sicherstellen, dass wir auch die Woman-/Man-Power hierfür haben. So können dann auch vermehrt familienfreundliche Arbeitsmodelle angeboten werden, was die Attraktivität unseres tollen Berufs weiter erhöhen wird. Denn sofern der Berufsnachwuchs ausbleibt, steigt die Arbeitsbelastung für jede/n Einzelne/n. Dies ist in Bezug auf die geforderte Work-Life-Balance kontraproduktiv. Daher gilt es, beim Thema Berufsnachwuchs keine Zeit zu verlieren!

Die Dörschell-Liste ist mittelständisch geprägt. Was planen Sie, um kleinen WP-Praxen die Arbeit zu erleichtern?

Die gesetzlichen und weiteren Regelungen zur Wirtschaftsprüfung berücksichtigen die komplette Bandbreite des Berufsstands und müssen dies auch tun. Meines Erachtens sind jedoch die Regelungen im Bereich der Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle nicht in dem Maße skaliert bzw. skalierbar, wie es für kleine WP-Praxen notwendig ist. Dies kann einzelne Berufskolleginnen und Berufskollegen davor abschrecken, Abschlussprüfungen durchzuführen oder sich selbstständig zu machen.

Wir sind uns alle darüber einig, dass die Qualität der Abschlussprüfung nicht diskutierbar ist. Gleichwohl bin ich der Überzeugung, dass kleinere WP-Praxen, die ganz andere Strukturen besitzen, die gebotenen Qualität der Abschlussprüfung mit einem auf die Bedürfnisse dieser Praxen angepassten Qualitätssicherungssystem und einem angepassten System der Qualitätskontrolle einhalten können und werden.

Wir müssen uns bei neuen Regelungen oder Verschärfungen bestehender Regelungen stets die Frage stellen, inwieweit diese für kleine WP-Praxen angemessen sind. Sollten Regelungen bei kleinen Gesellschaften am Regelungsziel vorbeischießen, müssen wir uns für die Skalierung stark machen. Mein Ziel ist es also, die kleinen Praxen von unnötiger Bürokratie zu entlasten, um so mehr Zeit für die eigentliche Prüfungstätigkeit zu haben.

Was motiviert Sie persönlich, sich ehrenamtlich für Ihren Berufsstand einzusetzen?

Ich finde einfach, dass wir einen richtig spannenden, abwechslungsreichen und somit in höchstem Maße interessanten Beruf ausüben dürfen. Wir haben momentan mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung, der Digitalisierung, der Nachwuchsgewinnung und weiteren Herausforderungen sehr viele Themen vor der Brust, die zukunftsweisend für unseren Berufsstand sind. Und diese Zukunft möchte ich mitgestalten. Von daher ist es für mich eine Freude und eine große Ehre, wenn ich dies als Vertreter der Dörschell-Liste im Beirat der WPK tun kann.

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