Nachwuchs hat für die Dörschell-Liste Priorität

„Es ist von existenzieller Bedeutung, dass sich unser Beruf im ,War for Talents‘ durchsetzt“

Die Förderung von Nachwuchs ist eins der Hauptthemen von Vanessa Neumann. Im Interview erklärt sie, was getan werden muss, um Talente für den Beruf des Wirtschaftsprüfers zu gewinnen.

Frau Neumann, Sie sind die jüngste Kandidatin der Dörschell-Liste. Weshalb haben Sie sich für den Beruf des Wirtschaftsprüfers entschieden?

Für mich ist der Beruf des Wirtschaftsprüfers einer der interessantesten und vielfältigsten Berufe, da er ein breites Tätigkeitsspektrum aufweist. Sowohl als Prüfer, Sachverständiger, Treuhänder oder als Berater erhält der Wirtschaftsprüfer fortlaufend Kenntnisse aus höchst unterschiedlichen Branchen und Wirtschaftszweigen. Und der Beruf hat das Potential, seine Bedeutung noch zu steigern, indem er neue Themen – wie die Nachhaltigkeitsberichterstattung – aktiv aufgreift. Unser Prüfungsinstrumentarium ist nicht allein geeignet für die Prüfung von Financials. Nur wenige Berufe sind so abwechslungsreich und spannend wie der eines Wirtschaftsprüfers.

Was muss passieren, damit der Beruf wieder attraktiver für den Nachwuchs wird?

Immer mehr Branchen leiden unter dem akuten Fachkräftemangel. Die Wirtschaftsprüfung ist da keine Ausnahme. Gute Mitarbeiter sind stark umworben und sehen sich den hohen Anforderungen der Wirtschaftsprüfung, dem langen Ausbildungsweg und den immer komplexeren Strukturen im Beruf ausgesetzt. Es ist deshalb von existenzieller Bedeutung, dass sich unser Beruf gegen die Konkurrenz im „War for Talents“ durchsetzt. Hierfür muss bereits bei Studienbeginn die Neugier und das Interesse der Studierenden geweckt worden sein.

Duale Studiengänge, bei denen Studierende bereits begleitend in den Beruf des Wirtschaftsprüfers hereinwachsen, sind dabei optimale Möglichkeiten. Das habe ich selbst so erfahren. Durch die frühe Einbindung in die Praxis können theoretisch erlernte Sachverhalte praxisorientiert angewendet werden, sodass angehende Wirtschaftsprüfer früh ein Gefühl für die Risiken und Probleme, aber auch für die Interessen ihrer Auftraggeber erhalten.

Zusätzlich müssen konkurrenzfähige und attraktive Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Generationen Y und Z fordern flexible und familienfreundliche Arbeitsmodelle. Es muss sich um ein Berufsbild mit Zukunftsperspektive handeln – um einen Beruf, der sich mit Familie und Freizeit vereinen lässt und eine gesunde Work-Life-Balance bietet. Flexible Arbeitszeiten und Möglichkeiten zum Home-Office sind für viele Anwärter bereits heute elementar und sollten daher zwingend erhalten bleiben, um die Attraktivität des Berufes zu unterstreichen. Aber auch attraktive Vergütungen, auch schon vor dem Berufsexamen, und unkonventionelle Karrierepfade sind von entscheidender Bedeutung.

Die Vorverlagerung von Teilen des Berufsexamens an besonders engagierten Universitäten und Hochschulen hat meines Erachtens die Attraktivität des Berufes bereits gefördert.

Was erwarten Sie als Vertreterin der jungen Generation von der Wirtschaftsprüferkammer und wofür wollen Sie sich selbst einsetzen?

Als Gesellschafterin einer kleinen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erwarte ich, dass die Werterhaltung auch kleiner Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sichergestellt wird und dass unser Berufsstand auch künftig attraktiv und konkurrenzfähig bleibt. Die weitere angemessene Skalierung der Abschlussprüfung und die Förderung von talentiertem Nachwuchs sind für mich die zentralen Themen!

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