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Dr. Karl Petersen im Interview

„Die Reputation unseres Berufsstands wurde durch vermutlich individuelle Fehler belastet“

Für Dr. Karl Petersen geht es besonders darum, das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen und den Beruf attraktiver für den Nachwuchs zu machen. Deshalb tritt er nach zwei Legislaturperioden im Vorstand der Kammer erneut zur WPK-Beiratswahl an.

Herr Dr. Petersen, eines Ihrer Ziele ist es, die Reputation des Berufsstands in der Öffentlichkeit zu stärken. Wie kann das gelingen?  

Das höchste Gut unseres Berufsstands ist das Vertrauen der Öffentlichkeit in die ausgezeichnete fachliche Qualität, die besondere berufliche Sorgfalt und die hohe Verlässlichkeit unserer täglichen Arbeit. Diese besondere Vertrauensstellung müssen unsere BerufskollegenInnen jeden Tag aufs Neue unter Beweis stellen. Die hohen Erwartungen der Öffentlichkeit an unseren Berufsstand wurden jedoch gerade in den vergangenen Jahren durch die spektakulären Insolvenzen (z.B. Wirecard, Greensill, PR Container) erheblich enttäuscht. Die Reputation unseres Berufsstands wurde durch vermutlich individuelle Fehler belastet und die Qualität unserer Tätigkeit kritisch hinterfragt.

Ziel der Wirtschaftsprüferkammer als Vertreterin unseres Berufsstands ist es, die Qualität der Berufsausübung unabhängig von der Praxisgröße und der Rechtsform ihrer Mitglieder zu fördern, sicherzustellen und fortzuentwickeln sowie die beruflichen Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder gegenüber der Öffentlichkeit und der Politik zu wahren. Die Wirtschaftsprüferkammer muss neben den ihr vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben selbstverständlich auch die Erwartungen des Staates und der Öffentlichkeit aktiv adressieren. Die Wirtschaftsprüferkammer ist somit nicht nur Ansprechpartnerin ihrer Mitglieder, sondern auch eine bedeutende Gesprächspartnerin der Öffentlichkeit in allen Fragen der Berufsausübung.

Zur Stärkung unserer Reputation muss die Wirtschaftsprüferkammer das Leitbild, die Inhalte und den Qualitätsanspruch unserer beruflichen Tätigkeit vor dem Hintergrund der anstehenden internationalen bzw. europäischen Änderungen weiterentwickeln, die berufspolitische Meinungsbildung koordinieren und unseren Berufsstand gegenüber der Öffentlichkeit im Interesse des gesamten Berufsstands noch sichtbarer vertreten. An dieser Stelle möchte ich als Beispiel für die neuen Herausforderungen den Richtlinienvorschlag der Kommission zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie die Transformation der internationalen Qualitätsstandards nennen. Die Vertretung der Belange und Positionen des Berufsstandes gegenüber der Öffentlichkeit und der Politik sowie die Pressearbeit sollten von der WPK in diesem Zusammenhang intensiviert werden. Bestehende und sich abzeichnende Erwartungslücken sind aufzuzeigen und der Öffentlichkeit darzustellen.

Die WPK steht auch für die Sicherstellung der Qualität und die Überwachung der Erfüllung der Berufspflichten durch die Mitglieder. Die individuellen Sachverhalte, die möglichen Pflichtverletzungen sowie der ggf. erforderlichen berufsaufsichtsrechtlichen Maßnahmen sind für die Mitglieder und die Öffentlichkeit unter verschiedenen Gesichtspunkten nicht auf Grundlage der speziellen Konstellationen veröffentlicht worden. Für die Mitglieder und die Öffentlichkeit ist unter dem Gesichtspunkt Lessons Learned jedoch eine offenere, verständlichere Kommunikation über das berufsrechtliche Verfahren und die adressierten Pflichtverletzungen nötig. Durch die Darstellung von abstrakten Sachverhalten und deren potentiellen Fehlerquellen kann die WPK einen weiteren Beitrag zur Qualitätssicherung und Erhöhung der Transparenz in der Öffentlichkeit leisten.

Bei allen Konzepten zur Stärkung der Reputation unseres Berufsstands in der Öffentlichkeit ist entscheidend, dass unsere Kammer mit einer Stimme spricht und sich die Mitglieder des Beirats und Vorstands auch nach intensiven Diskussionen auf eine gemeinsame Auffassung verständigen und diese gemeinsam im Schulterschluss in der Öffentlichkeit vertreten.

Sie setzen sich ebenfalls dafür ein, dass Qualitätskontrollverfahren anforderungsgerecht fortentwickelt werden. Welche Vorschläge haben Sie?

Die gegenwärtige Ausgestaltung des Systems der Qualitätskontrolle bzw. des Qualitätskontrollverfahrens wird maßgeblich durch die internationalen und europarechtlichen Vorgaben geprägt. Der nationale Gesetzgeber hat die entsprechenden Anforderungen der 8. EU-Richtlinie in Deutschland umgesetzt. Seit der Einführung der Qualitätskontrolle 2004 wird der sogenannte Peer-Review mit Monitoring-Elementen von der Öffentlichkeit und vom Berufsstand kritisch begleitet.

Von wesentlicher Bedeutung für das Verfahren sind die Vorgaben der Satzung für Qualitätskontrolle. Die Satzung wurde nach intensiver Diskussion im Vorstand und im Beirat in verschiedenen Aspekten am 4. Dezember 2019 geändert, um den Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu verdeutlichen.

Nach Ansicht des gegenwärtigen Vorstands der Wirtschaftsprüferkammer wird jedoch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von den Prüfern für Qualitätskontrolle und der Kommission für Qualitätskontrolle in der Praxis nicht in dem angestrebten Umfang umgesetzt.

Vor diesem Hintergrund beschäftigen wir uns gegenwärtig im Vorstand der Wirtschaftsprüferkammer und im Ausschuss Fortentwicklung des Qualitätskontrollverfahrens mit den Möglichkeiten zur Präzisierung und verbesserten Umsetzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. In diesem Zusammenhang wurde die Umsetzung der europäischen Vorgaben zur Qualitätskontrolle in anderen EU-Mitgliedstaaten ausgewertet. Zur anforderungsgerechten Weiterentwicklung sollten folgende Aspekte von den Prüfern für Qualitätskontrolle und der Kommission für Qualitätskontrolle noch deutlicher berücksichtigt werden:

  • Stärkere Würdigung der Bedeutung der Nachschau der Prüfungsaufträge

  • Präzisierung von Art und Umfang der Skalierbarkeit der Qualitätskontrolle, insbesondere bei kleinen Praxen mit wenigen Prüfungspartnern

  • Angemessene Anwendung von Vorgabezeiten je Prüfungsauftrag (weg von der 8 Stunden-Doktrin)

  • Fortentwicklung der Berichterstattung unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeit und Verhältnismäßigkeit vor dem Hintergrund der Größe der Praxis und der Anzahl der relevanten Prüfungsaufträge

Seit zwei Legislaturperioden sind Sie bereits im Vorstand der Kammer. Was wollen Sie zukünftig erreichen?

Wir haben große Themen vor uns – das Vertrauen der Öffentlichkeit muss zurückgewonnen werden, das Berufsbild muss fortlaufend aktualisiert werden, wir wollen attraktiver für den Nachwuchs werden. Es stehen herausfordernde Fragen an. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Kolleginnen und Kollegen mir ein weiteres Mal die Möglichkeit geben, mich für den Berufsstand im Rahmen eines Mandats bei der Wirtschaftsprüferkammer einzusetzen.

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